Chemo + Geschmacksprobleme

Wenn der Geschmack während einer Chemotherapie verschwindet

Erfahre, wie die Chemotherapie meinen Geschmackssinn veränderte und Essen zur Herausforderung wurde.

Melissa Thalkofer | Veröffentlicht am 26.09.2024

Hallo liebe Leserin, lieber Leser,

meine letzte Chemotherapie liegt jetzt über vier Monate zurück. In meinem ersten Krebsblog-Beitrag habe ich bereits erwähnt, dass ich während der Chemotherapie mit einem veränderten Geschmackssinn zu kämpfen hatte. Doch wie genau sahen diese Geschmacksprobleme aus?

Stellt euch vor, ihr setzt euch hungrig an den Tisch, voller Vorfreude auf euer Lieblingsgericht. Der Duft steigt euch in die Nase, es sieht alles so perfekt aus – aber dann nehmt ihr den ersten Bissen, und plötzlich schmeckt alles… nach nichts. Oder noch schlimmer: es schmeckt plötzlich bitter, metallisch oder einfach nur falsch.

So in Etwa ging es mir mit fast jeder Mahlzeit. Das war meine Realität während der Chemotherapie. Natürlich wurde das Thema “Essen” dann zu einer Herausforderung. Teilweise sogar zu einer Belastung. Es gab Tage, an denen ich mich regelrecht zwingen musste, etwas zu essen. Manchmal war der Geschmack so abstoßend, dass ich keine Lust mehr hatte, weiterzuessen – und das bei Lebensmitteln, die ich früher verschlungen hätte! Das war in der Tat wirklich anstrengend, aber ich habe das Beste aus der Situation herausgeholt und habe trotzdem gegessen – um mich zu stärken. Es war zwar nicht immer einfach, aber es war möglich.

Aber welche Lebensmittel schmeckten mir persönlich während der Chemotherapie nicht mehr?

Besonders schwer fiel es mir, stark aromatische Lebensmittel zu genießen. Rucola, der normalerweise nur leicht bitter ist, war während meiner Chemo völlig ungenießbar. Auch Gemüse wie Brokkoli, Rosenkohl, und sogar Erbsen konnte ich nicht mehr essen. Selbst einfache Gerichte wie Tiefkühlpizza oder Lasagne wurden durch die Geschmacksveränderungen unappetitlich. Dabei wäre so ein schnelles Fertiggericht hin und wieder wirklich hilfreich gewesen, denn mir fiel das Kochen natürlich ebenso sehr schwer.

Auch Fleisch war problematisch. Es schmeckte metallisch, und selbst mein geliebtes Rindersteak war nicht mehr genießbar. Wurstprodukte schmeckten, als ob ich Reinigungsmittel essen würde. Ähnlich verhielt es sich mit Fisch, der ebenfalls einen metallischen Geschmack annahm, wobei Lachs viel intensiver schmeckte als gewöhnlich.

Und was ist mit Süßigkeiten? Schokolade und sogar Hustenbonbons waren mir plötzlich zu intensiv oder hatten einen seltsamen Geschmack. Daher vermied ich auch alles Süße.

Auch Getränke waren betroffen, insbesondere solche mit Kohlensäure. Ob Cola, Limonade oder Sprudelwasser – die Kohlensäure brannte im Mund. Zum Glück gab es jedoch auch einen kleinen Lichtblick: Zitronenwasser. Ein leckeres Glas Zitronenwasser konnte ich geschmacklich immer vertragen.

Aber warum verändert sich der Geschmack während einer Chemotherapie?

Die Ursachen für einen möglichen Geschmacksverlust während einer Chemotherapie sind vielfältig und komplex. Hier zeige ich dir einige Gründe auf, warum der Geschmackssinn und auch der Geruchssinn sich während einer Chemotherapie verändern kann:

1. Die Zerstörung von "schnell wachsenden" Zellen

Chemotherapeutika zielen auf schnell wachsende Zellen ab, da die Krebszellen sich schnell teilen. Leider betrifft das aber auch die gesunden Zellen im Körper, wie die Geschmacksknospen und die Zellen der Mundschleimhaut. Die Geschmacksknospen regenerieren sich normalerweise alle 10 bis 14 Tage. Wenn sie durch die Chemotherapie allerdings beschädigt werden, kann das zu einer Beeinträchtigung des Geschmackssinns und zu genau solchen Geschmacksstörungen, wie ich sie hatte, führen.

2. Veränderungen in der Mundschleimheit und im Speichel

Eine Chemotherapie kann den Speichelfluss und die Zusammensetzung des Speichels verändern. Viele Betroffene haben einen trockenen Mund, weil weniger Speichel produziert wird. Dabei spielt der Speichel eine entscheidende Rolle bei der Geschmacksempfindung. Er hilft normalerweise dabei, Geschmacksmoleküle auf die Geschmacksknospen zu transportieren. Ein trockener Mund oder eine veränderte Speichelzusammensetzung kann ebenso den Geschmackssinn stumpf machen oder verändern.

3. Metallischer Geschmack durch freigesetzte Metalle

Einige Chemotherapeutika, insbesondere solche, die Schwermetalle enthalten, können einen metallischen Geschmack verursachen. Diese Medikamente enthalten Platinverbindungen, die nachweislich den Geschmackssinn beeinflussen und eben diesen typischen metallischen Geschmack hervorrufen. Ich bekam u.a. zum Beispiel den Wirkstoff “Carboplatin” und dieses Chemotherapeutikum enthält tatsächlich das Metall “Platin”.

4. Beeinflussung des zentralen Nervensystems

Einige Chemotherapeutika können auch das zentrale Nervensystem beeinflussen, die den Geschmack und den Geruch steuern. Chemotherapien können Schäden an den Nerven verursachen (periphere Neuropathie), die für die Übermittlung von Geschmacksempfindungen an das Gehirn verantwortlich sind. Dies kann dazu führen, dass die Geschmäcker verzerrt oder unangenehm wahrgenommen werden. Eventuell ist es deshalb auch, wie in meinen Fall, möglich, dass Geschmäcker vertauscht werden? Tatsächlich war es bei mir nämlich so, dass eine Erdbeere eher nach Kiwi schmeckte und eine Kiwi dagegen nach Erdbeere. Ziemlich komisch, nicht wahr?

5. Psyche und das allgemeine Wohlbefinden

Andere Faktoren, wie Übelkeit, Erbrechen und allgemeines Unwohlsein und auch die Psyche, können ebenfalls eine Rolle spielen. Wenn einem oft übel ist, assoziiert man bestimmte Lebensmittel mit dieser Übelkeit, was zu einer Abneigung gegen bestimmte Lebensmittel führen kann. Aber genauso kann einen auch die psychische Verfassung einen Strich durch die Rechnung ziehen. Mir ging es zum Glück psychisch sehr gut, aber wer Unterstützung braucht, sollte nicht zögern, Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Und welche Lebensmittel schmeckten während der Chemotherapie noch?

Zum Glück gab es auch ein paar Lebensmittel, die ich gut vertragen habe und die auch relativ angenehm schmeckten. Da gibt es zum Beispiel die lieben Kartoffeln, sie sind einfach und neutral und wurden zu meinem Grundnahrungsmittel. Auch milde Sahnesoßen, Reis und Nudeln waren mehr oder weniger geschmacksneutral und halfen mir dabei, die schlimmsten Geschmacksstörungen zu umgehen. ABER ganz wichtig – ich konnte die Lebensmittel so gut wie gar nicht würzen. Salz war so ziemlich das einzige was noch schmeckte. Natürlich schmeckt alles eher fad, aber immerhin besser als einen giftigen Geschmack im Mund zu haben.

Ein Highlight waren u. a. auch Früchte wie Wassermelone und Äpfel. Besonders Wassermelone mit etwas Salz hat mir in dieser Zeit unglaublich gut geschmeckt. Auch einige Milchprodukte wie Joghurt und Quark waren angenehm mild und kühlend.

Aber das Wichtigste ist nicht aufgeben: der Geschmackssinn kehrt zurück!

Die gute Nachricht ist – vier Monate nach meiner Chemotherapie schmeckt alles wieder fast so wie früher. Das Essen macht mir wieder Freude, und ich kann wieder jede Mahlzeit genießen. Und ich muss wirklich zugeben, dass diese Zeit mir einiges gelehrt hat. Ich schätze das Leben heute in all seinen Facetten noch mehr und intensiver – auch was das Thema “Essen” betrifft.

Und wenn ihr gerade mitten in eurer Chemotherapie steckt und ähnliche Probleme habt, möchte ich euch ermutigen: Gebt nicht auf! Der Weg mag steinig sein, aber auch diese Phase wird vorübergehen. Euer Geschmackssinn wird zurückkehren, und mit ihm die kleinen Freuden des Lebens, die wir oft als selbstverständlich ansehen.

Hi, ich bin Melissa!

Schön, dass Du auf meinen Foodblog bist. Hier findest Du leckere und einfache Rezepte für das ganze Jahr.

Ich bin eine von 8
Frauen, die in Deutschland an Brustkrebs erkranken.
#vorsorgeistwichtig

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